# 7
prolog
„Gesetzt den Fall, eine Stubenfliege möchte sich eine Meinung über ihre Umwelt bilden – und wer wollte seine Hand dafür ins Feuer legen, dass sie es wirklich nicht kann? – so würde die Stubenfliege das Fehlen faulenden Fleisches in der Stube als existentielle Zumutung empfinden und von ordentlichen ökologischen Verhältnissen erst wieder reden mögen, wenn sich die Katze unterm Sofa erbricht und damit eine Fülle von Nahrungsressourcen verfügbar macht: Die Vorstellung, wie eine zuträgliche Welt beschaffen sein müsste, sieht für eine Stubenfliege anders aus als für den Bewohner der Stube, beim Laubfrosch anders als beim Goldfisch, beim Cholerabazillus anders als bei dem, der an der Cholera erkrankt ist: Während dieser der Welt Ade sagt, jubeln die Bazillenheere über die guten Zeiten, soweit sie nicht von Medikamenten verseucht sind und, sterbend, den unverfrorenen Eingriff in ihre sonst so intakte Ökologie beklagen. […] Im ökologischen Verständnis der Blattlaus spielt die Marienkäfer-Larve die Rolle des höchst unerwünschten Todfeindes, während sie, eben wegen ihres Appetits auf Blattläuse, dem ‚ökologisch’ denkenden Menschen als willkommene Helferin gilt.
Die Frage, wer sich mit der Einschätzung der Marienkäfer-Larve eher im Recht wäre, lässt sich mit Hilfe der Ökologie nicht beantworten, denn die Ökologie sagt nichts über das Recht eines Lebewesens, in seiner Umwelt zu überleben, sondern skizziert nur die Muster der Abläufe, innerhalb deren dieses Überleben gelingt – oder scheitert.“
(Aus: Jürgen Dahl, Die Verteidigung des Federgeistchens, in: Der unbegreifliche Garten und seine Verwüstung, S. 66 f., Stuttgart 1984)
condition
Hier gelten keine Verbote.
location
52° 56‘ 23,75‘‘ N
8° 33’ 51,65 ‘‘ E
duration
30.06.2015 – ?
context
Wolfgang Mützelfeldt, Prinzhöfte bei Harpstedt
description
observation
30.5.2016
14.7.2017
17.6.2018
1.2.2020
curator
Wolfgang Mützelfeldt