# 6
prolog
„Salvia officinalis, der Echte Salbei: die jungen Triebe, in Mehl gewälzt und in heißer Butter ausgebacken, bis sie kross werden und auf der Zunge zerbröckeln, sind in eine treffliche Vorspeise, die mit sanfter Bitterkeit den Appetit anregt. […] Der Geschmack des Salbeis ist ein Teil seiner Physiognomie, und zwar nicht ein Bruchteil, sondern als ein Teil in dem auch das Ganze enthalten ist. Was man erschmeckt, das erkennt man, und was man isst, das verleibt man sich ein: Das Schmecken ist eine Weise des Kennenlernens, weniger in der Wissenschaft als im gemeinen Leben, wo man sagt etwas schmeckt nach Verrat oder seine Worte hätten einen Beigeschmack nach Ausreden. […] Einer Sache auf den Geschmack kommen, das will sagen: Ihr Wesen wahrnehmen und schätzen lernen. Indem man dem Salbei auf den Geschmack kommt, hat man ihn ergriffen. Ähnlich verhält es sich mit dem Duft. Duft und Geschmack sind in Worten kaum andeutungsweise mitzuteilen, es gibt nur vage Bezeichnungen wie bitter, würzig, herb, süß, lieblich, – im ganzen ein mageres Vokabular angesichts der Überfülle möglicher Duft- und Geschmackserlebnisse; doch ist die Namenlosigkeit ein genaues Zeichen für eben diese Fülle. Es gibt so viele Düfte, wie es duftende Stoffe gibt. […] Über die ganze Salbeipflanze sind Drüsenhaare verteilt. In der Scheitelzelle dieser Haare bilden sich ölige Sekrete, die Zelle schwillt an, bis sie platzt oder durch Berührung verletzt wird: dann hüllt der Salbei sich in den zarten Schleier seines würzigen Duftes.”
(Aus: Jürgen Dahl, Annäherung an den Salbei, in: Der unbegreifliche Garten und seine Verwüstung, S. 49 ff., Stuttgart 1984)
conditions
Gewohntes zu verändern, ist hier verboten.
location
52° 56‘ 24,82‘‘ N
8° 33’ 59,68 ‘‘ E
duration
30.06.2015 – ?
context
Wolfgang Mützelfeldt, Prinzhöfte bei Harpstedt
description
observation
30.5.2017
14.7.2017
1.2.2020
curator
Wolfgang Mützelfeldt